Van Gogh - Stillleben mit Bibel„Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und dein ganzes Vieh und dein Fremder in deinen Toren.“ (5. Mose 5, 14)

Warum sind wir nur so gestresst? Immerhin ist es üblich in unserem Land, dass man fünf bis sechs Wochen Urlaub im Jahr hat und dazu an einer hohen Anzahl von Feiertagen frei hat. Frühere Generationen konnten davon nur träumen und doch scheint es damals nicht so viele Probleme wie Burnout und völlige Erschöpfung gegeben zu haben, heute. An dieser Stelle könnte man einige soziologische Mutmaßungen anstellen, doch schauen wir in eine andere Richtung:

Warum hat Gott seinem Volk das Sabbatgebot gegeben? Das Volk Israel war gerade aus der Sklaverei gekommen. Als Sklaven hatten sie keinen Urlaub gehabt, keine Feiertage und kein Wochenende. Dieses Gebot wirkte sicherlich wie Balsam für ihre Seelen! Aber wenn dieses Gebot nur eine Art „Wiedergutmachung“ für die Jahre der Sklaverei gewesen wäre, hätten sie es nach spätestens 400 Jahren wieder abschaffen können. Hier ist etwas viel Bedeutungsvolleres im Spiel. In 1. Mose 2, 2-3 finden wir, dass Gott am siebten Schöpfungstag ruhte:

„Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte.“

Gott hat geruht? Kann ein allmächtiger Gott müde werden? In dem Text heißt es aber nicht, dass Gott müde geworden war. Warum hat er dann geruht? Ich denke, ein Schlüssel zu dieser Frage ist am Ende der ersten sechs Schöpfungstage zu finden. Da finden wir Gottes Resümee der Tage: Gott sah, dass es gut war. Wie können wir genießen, wenn wir immer nur weiterhetzen? Ich bin des Öfteren eine kurvenreiche Straße entlanggefahren und jemand anders im Auto hat angemerkt: „Was für eine schöne Landschaft!“ Ich hatte nichts davon wahrgenommen, weil ich immer auf die Straße achten musste. Erst wenn man anhält, kann man die schöne Umgebung wahrnehmen.

In 5. Mose 5 ,12 und in 1. Mose 2, 3 heißt es, dass der Ruhetag heilig ist. Was ist eigentlich heilig? Heilig ist anders; göttlich anders. Wir brauchen eine Unterbrechung unserer Routine, um uns auszuruhen, um die Schönheit des Lebens wahrnehmen zu können, aber auch, um Gott zu begegnen. Er will uns begegnen und beschenken, aber das geht schlecht, wenn wir nur unter Strom stehen. Das bringt noch einen sehr wichtigen Aspekt der Ruhe auf: Ich bin nicht der Erhalter der Welt. Ja, ich bin wichtig, aber die Welt wird es überleben, wenn ich mal eine Pause mache. Das gleiche gilt für jeden von uns. Gott hat sein Volk vielfach daran erinnert, dass es letztlich nicht auf ihr Können oder ihre Kraft ankommt, sondern auf ihr Vertrauen in ihn (2. Mose 14, 14; Psalm 46, 11 und Sacharja 4, 6, um nur ein paar Beispiele zu nennen). Ich habe es auch so gehört: Die Friedhöfe sind voll von Menschen, die keine Zeit hatten.

Das Sabbasgebot ist ein Lebensangebot. Es fordert uns auf das Gute zu genießen, das Gott uns gegeben hat und zu erkennen, dass die Welt − und somit auch wir − von ihm abhängt, nicht von unserem Fleiß. Mach mal einen Tag frei − und danke Gott dafür.

Karl Flentje