„Christus Jesus spricht: Es ist vollbracht!“ (nach Johannes 19,30)

Es kommt häufig vor, dass Stephie mich kurz vor dem Sonntag fragt, „Hast du die Predigt fertig?“ Meine Antwort lautet dann häufig: „Soweit, wie ich im Vorfeld sein kann.“ Denn eine Predigt kann nicht fertig sein, bevor sie gehalten wurde. Aber ist sie dann fertig? Die Hoffnung und das Ziel sind immer, dass sie weiterwirkt. Wenn du ein Projekt bei der Arbeit machst oder in der Schule, schreist du vielleicht mit Erleichterung „Es ist vollbracht!“, wenn du alles geschrieben hast. Aber muss es nicht an den Kunden geliefert oder der Klasse vorgetragen werden? Und selbst wenn diese Schritte vollzogen sind, ist es meist nur ein Bestandteil von einem größeren Komplex. Immer im Werden zu sein, hat seine gute Seite: Wir können immer mehr lernen und wachsen. Aber manchmal freuen wir uns umso mehr, wenn etwas vollendet wird.

Jesu Worte, die in unserem Monatsspruch zitiert werden, sind nicht der siegessichere Schrei eines Menschen, der sich die Welt unterworfen hat. Sie sind seine letzten Worte, bevor er stirbt. Wir verspüren vielleicht eine gewisse Erleichterung, wenn ein hochbetagter Mensch in Frieden stirbt. Aber jemand in der Blüte des Lebens, der an ein Kreuz genagelt wird? Da will kein Seufzer der Erleichterung aufkommen. Das ist eine Niederlage. Gewalt und Tod zeigen sich von der hässlichsten Seite und tragen den Sieg davon.

Und doch hatte Jesus in dem Moment den Plan Gottes vollbracht.

In 1. Mose 3 beginnt die leidvolle Geschichte der Trennung zwischen Menschen und Gott. Die Sünde hat sich tief in das menschliche Herz verwurzelt und droht es gänzlich zu zerstören. Gott setzt einen Plan in Bewegung: Er wählt sich ein Volk aus, das ihm gehören und ihm dienen soll. Es soll ein Segen sein für alle Völker (1. Mose 12, 3). Aber das Volk erfüllt seine Berufung nicht. Die Israeliten halten nicht die Treue zu ihrem Gott. Er bestraft sie. Er züchtigt sie. Er fordert sie immer wieder auf, zu ihm umzukehren. Schlussendlich schickt er seinen Sohn. Er ist es, der der Welt zeigt, wie Gott wirklich ist. Er ist es, der den Willen Gottes erfüllt. Er ist es, der als Opfer für die Sünde hingegeben wird. Mit seinem Tod ist die Macht des Todes gebrochen.

Man könnte meinen, wir müssten nicht bis zum Ostersonntag warten, um das zu sagen. Am Ostersonntag wurde klar, dass das Monopol des Todes gebrochen ist und dass neues Leben (in jedem Sinn) möglich ist. Aber die Tatsache war schon mit Jesu Tod vollbracht. Jesus selbst ist das Leben und so endgültig der Tod erscheinen mag, es war nicht möglich, dass dieser das Leben niederhalten könnte. Jesu größter Sieg besteht nicht erst in der Herrlichkeit der Auferstehung, sondern gerade in den Tiefen seines größten Dienstes. Somit ist er auch für uns das Vorbild. Wenn wir leben, um bedient zu werden, dann sind wir weit weg von ihm. Im Dienst spiegeln wir sein Bild wider und lassen das Licht des Lebens leuchten.

Pastor Karl Flentje